Ein Unternehmen gründen oder das erste Mal Personalverantwortung übernehmen: Bei den Wirtschaftsjunioren OWL, treffen sich junge Führungskräfte aus ganz unterschiedlichen Branchen zum gemeinsamen Erfahrungsaustausch. Das Business-Netzwerk engagiert sich aber auch gesellschaftlich. Wer bei den Wirtschaftsjunioren mitmachen kann, welche Ziele das Netzwerk verfolgt und warum gerade junge Existenzgründer profitieren, erklärt Max Rahn von der Filmagentur „life is motion“ im Interview.
Max, wie begann dein eigener Weg in die Selbstständigkeit?
Meine Mutter ist selbstständig und so liegt mir das Unternehmertum ein Stück weit im Blut. Ich wusste also schon sehr früh, dass ich mein eigener Chef sein möchte. Ich bin dann trotzdem einen Umweg gegangen und habe Bühnentanzshows entwickelt und vorgeführt. Ein hilfreiches Instrument, die eigene Leistung bekannt zu machen, waren dann kurze Videos, die mein Angebot beworben haben. Das hat sehr gut funktioniert und einige Kunden fragten dann an, ob ich auch für sie Werbe- und Imagefilme produzieren könnte. So habe ich mir nach und nach meine eigene Selbstständigkeit aufgebaut.
Du bist also eine Art Quereinsteiger?
So könnte man das nennen. Ich habe keine Ausbildung und auch nicht studiert. Das ist aber zumindest in den kreativen Berufen kein Problem mehr. Denn heute kann man sich über unglaublich viele verschiedene Kanäle weiterbilden, informieren und austauschen. Begeisterung und der Wille, Qualität abzuliefern sind da deutlich wichtiger als irgendwelche formalen Aspekte.
Ein Netzwerk, für das du dich engagierst, sind die Wirtschaftsjunioren in Ostwestfalen. Nun gibt es ja eine Menge Business-Netzwerke. Warum hast du dich ausgerechnet für die Wirtschaftsjunioren entschieden?
Auf die Idee hat mich ein guter Freund gebracht, der auch Kunde bei mir ist. Er hat mich gefragt, ob ich nicht Lust hätte, mich mit anderen jungen Unternehmerinnen und Unternehmern auszutauschen. Neben diesem Netzwerkgedanken hat mich aber auch die Möglichkeit gereizt, spannende Vorträge zu hören oder nationale und internationale Konferenzen zu besuchen. Das ist etwas, was die Wirtschaftsjunioren von ähnlichen Netzwerken abhebt. Nach einem ersten Kennenlerntag war ich begeistert und bin geblieben.
Wer kann denn überhaupt bei den Wirtschaftsjunioren mitmachen?
Neben Unternehmerinnen und Unternehmern können sich auch Führungskräfte mit entsprechender Verantwortung bei den Wirtschaftsjunioren engagieren. Bei uns gibt es eine Reihe unterschiedlicher Mitglieder – vom jungen Gründer in der IT-Branche bis hin zur Familienunternehmerin in fünfter Generation. Davon gibt es ja in Ostwestfalen eine ganze Menge.
Die Branche spielt also keine Rolle?
Nein. Wir haben keinen bestimmten Branchenschwerpunkt und schließen keinen Wirtschaftszweig aus. Denn eine Stärke der Wirtschaftsjunioren ist der bunte Mix an verschiedenen Unternehmen und Branchen. Und wir achten sehr darauf, dass wir uns nicht zu einem Akquiseverein entwickeln, der nur dazu dient, dass jeder seine Visitenkarten verteilt. Der Fokus liegt darauf, sich gegenseitig zu unterstützen und Erfahrungen auszutauschen.
Bis zu welchem Alter, kann man bei euch Mitglied werden?
Bis zur Vollendung des 40. Lebensjahres. Danach kannst du dich aber weiter engagieren und beispielsweise eine Fördermitgliedschaft übernehmen. Dann hast du zwar kein Stimmrecht bei den Vorstandswahlen oder ähnlichen Entscheidungen, kannst aber weiterhin an den Events der Wirtschaftsjunioren teilnehmen. Und natürlich gibt es die Möglichkeit, in den IHC (Industrie- und Handelsclub) einzutreten.
Seit Januar 2021 bist du Sprecher der Wirtschaftsjunioren in Ostwestfalen. Welche Ziele möchtest du erreichen?
Die Wirtschaftsjunioren sind ein sehr attraktives Netzwerk für junge Menschen, die etwas erreichen und bewegen wollen. Entsprechend stark ist der Zulauf. Uns freut das natürlich. Allerdings müssen wir darauf achten, dass die Qualität des Netzwerks erhalten bleibt und wir Mitgliederinnen und Mitglieder aufnehmen, die unsere Werte und Ziele teilen. Ich möchte vor allem dafür sorgen, dass unsere neuen Mitglieder voll integriert werden und gemeinsam mit den Fördermitgliedern einen starken Rahmen für unser Netzwerk bilden. Zusammenhalt ist ein wichtiges Thema für uns – nicht nur in der Corona-Pandemie.
Konntet ihr euch innerhalb der Wirtschaftsjunioren auch in der Corona-Krise gegenseitig unterstützen?
Ja. Da hilft wieder der enge Erfahrungsaustausch. Corona ist aber nur ein Thema von vielen. Auch wer die Übergabe seines Unternehmens plant, neue Geschäftsfelder entwickeln oder die Branche wechseln möchte, findet bei uns Mitglieder, die mit wertvollen Tipps weiterhelfen können. So können wir alle gemeinsam wachsen und haben gleichzeitig eine Menge Spaß dabei.
Welchen Tipp würdest du persönlich denn jungen Unternehmern geben?
Es mag trivial klingen: Aber was mir besonders geholfen hat, ist „Ja“ zu sagen. Das bedeutet: Offen zu sein gegenüber Begegnungen, offen zu sein gegenüber Gesprächen und auch offen zu sein gegenüber Herausforderungen und Konflikten. So kann man unfassbar viel lernen. Das „Ja“ zu den Wirtschaftsjunioren war für mich zum Beispiel ein echter Booster für die unternehmerische aber vor allem auch persönliche Entwicklung.
Ihr engagiert euch auch gesellschaftlich. Kannst du ein konkretes Beispiel nennen?
Corona hat leider viele Projekte erschwert. Ein gutes Beispiel sind aber die Bewerbungstrainings, die wir mit einer Gesamtschule in Stieghorst organisieren. Die Schülerinnen und Schüler können sich dann auf eine virtuelle Stelle bewerben und mit uns ein Bewerbungsgespräch führen.
Wir bekommen hier stets ein sehr positives Feedback und wissen, dass diese Erfahrung für die Schülerinnen und Schüler sehr wichtig ist. Sie lernen dabei sehr viel und erfahren, worauf es bei den ersten Schritten in die Berufswelt ankommt. Das ist ein Projekt, das wir immer wieder begleiten werden und dass ich auch persönlich sehr spannend finde.
Du bist in der Region sehr verwurzelt. Was ist denn deiner Ansicht nach eine unterschätzte Qualität von Ostwestfalen?
Ostwestfalen ist wie eine Großstadt – nur eben sehr zerklüftet. Ich meine das gar nicht negativ. Im Gegenteil: Wir haben hier eine tolle Kulturlandschaft, viele erfolgreiche Unternehmen und freundliche Menschen, die sich alle als Ostwestfalen fühlen, aber eben auch ihre regionalen Eigenheiten bewahrt haben. Das ist deutschlandweit schon etwas Besonderes.
Und was würdest du tun, wenn du für einen Tag Bürgermeister von Bielefeld sein dürfest?
Ganz einfach: Ich würde endlich den digitalen Infrastrukturausbau vorantreiben!
Max, ich danke dir für das spannende Interview!