Dein Unternehmen existiert seit dem Jahr 1897. Hochbau Detert ist damit ein echter Bielefelder Traditionsbetrieb. Was sind deiner Meinung nach die wichtigsten Eigenschaften für langfristigen unternehmerischen Erfolg?
Aus meiner Sicht – und aus der Sicht meiner eher konservativen Branche – würde ich sagen, dass Bodenständigkeit enorm wichtig ist. Ohne diese Eigenschaft haben es Unternehmen in der Baubranche sehr schwer. Wer sich auf seine Wurzeln besinnt und eine gewisse Weitsichtigkeit an den Tag legt, hat die besten Voraussetzungen, um es weit zu bringen. Genauso wichtig ist ein gutes Netzwerk.
Netzwerken geht aber nur, wenn man den typischen Tunnelblick vermeidet. Andere Branchen und Trends zu beobachten, ist für jeden Unternehmer ein guter Weg, um langfristig erfolgreich zu bleiben. Ein Beispiel ist die Digitalisierung. Hier kann die Baubranche sicher noch einiges von anderen Wirtschaftszweigen lernen. Das heißt aber nicht, dass man jede Welle mitreiten muss. Aktuell boomt die Baubranche und es wäre sicher möglich, zwei- bis dreimal so viele Mitarbeiter zu beschäftigen. Dann leidet aber irgendwann die Qualität der Arbeit und hier möchte ich keine Kompromisse eingehen.
Thema Netzwerken: Wie ist denn das Verhältnis der Unternehmer aus deiner Branche untereinander? Kennt man sich, oder geht man sich lieber aus dem Weg?
Man kennt sich, aber es besteht kein echtes Netzwerk untereinander. Das ist auch gut so, damit Preisabsprachen und ähnliche Verdächtigungen gar nicht erst aufkommen. Es gibt viele Unternehmen der Branche, die ich sehr respektiere und schätze, und einige wenige, mit denen ich nicht zusammenarbeiten würde.
Du hast vorhin über Trends gesprochen. Gibt es denn den einen Trend, der die Baubranche in den letzten Jahren stark verändert hat?
Ich habe vor rund 15 Jahren in dieser Branche angefangen. Das Arbeiten am Bau war damals völlig anders als heute. Wir haben zum Beispiel Stahl selbst verlegt oder größere Flächen vermauert – etwas, das wir heute an Dienstleister ausgliedern. Die Konzentration auf unsere Kernkompetenzen ist also eine Entwicklung, die so sicher beispielhaft für die Branche ist.
Hochbau Detert existiert nun seit mehr als 125 Jahren. Welche besonderen Herausforderungen hat das Unternehmen in dieser Zeit bewältigen müssen?
Es gab vor allem personelle Entwicklungen, die das Unternehmen sehr verändert haben. Mein Mann, der mit mir zusammen das Unternehmen geleitet hat, ist gestorben und ein wichtiger Mitarbeiter, der das Unternehmen 35 Jahre lang begleitete, ging in den Ruhestand. In dieser Phase musste sich also einiges ändern und viele Dinge wurden auf den Prüfstand gestellt. Vor knapp drei Jahren bin ich dann Mutter geworden. Plötzlich konnte ich mich nicht mehr nur auf das Unternehmen konzentrieren, sondern vor allem auch auf meine Kinder (lacht). Intern habe ich dann mehr Verantwortung an Mitarbeiter übergeben und kann so bis heute Familie und Beruf miteinander vereinen.
Bist du eigentlich bereits seit deiner Jugend mit der Branche verwachsen, oder war es so, dass du irgendwann den Sprung ins kalte Wasser gewagt hast?
Ich habe zwar für das Bauwesen studiert, entstamme aber keiner Baudynastie (lacht).
Haben es denn Frauen in der Baubranche schwerer als Männer?
Vor ein paar Jahren hätte ich mit „Auf keinen Fall“ geantwortet. Heute würde ich „Teils, teils“ sagen. Als Unternehmerin habe ich im eigenen Betrieb natürlich das letzte Wort und setze mich auch gegenüber Subunternehmern durch. Ich sitze aber nicht nur im Chefsessel, sondern übernehme auch andere Aufgaben wie den Vertrieb. Und da ist es sicherlich nicht immer ein Nachteil, wenn man eine Frau ist.
Wenn fünf Bauunternehmer vorsprechen und dann kommt auf einmal eine Frau in den Raum, sind viele potenzielle Auftraggeber erst einmal positiv überrascht. Es gibt aber natürlich auch Männer, die mit Frauen in Führungspositionen nicht klarkommen. Wenn ich als Frau zum Beispiel auf einen Mitarbeiter stoße, der mit einer Frau als Chefin Probleme hat, passt es eben nicht und es geht schief.
Ich bin aber auch schon aus einer Baubesprechung einer sehr großen Baustelle gekommen und von den 20 Teilnehmern waren immerhin fünf weiblich. Das hätte es so vor 20 Jahren sicher nicht gegeben. Einige Männer haben mir danach zu verstehen gegeben, dass solche Runden wesentlich besser funktionieren und auch produktiver sind, wenn auch Frauen mit am Tisch sitzen.
Hier arbeiten Ingenieure, Handwerker und kaufmännische Angestellte: Spürt ihr den Fachkräftemangel?
Ja. Das haben wir vor allem im Jahr 2018 sehr zu spüren bekommen. In den Jahren davor hatten wir immer wieder qualifizierte Bewerbungen. Wir konnten dadurch unser Team auch durch Initiativbewerbungen immer erweitern. Auch mein Netzwerk hat mir zum Beispiel dabei geholfen, Ingenieure zu finden. Das ist heute wesentlich schwieriger geworden. Auch weil die Politik den Bauingenieursbereich sehr stiefmütterlich behandelt. Ich habe mich dann für die Zusammenarbeit mit einem Headhunter entschieden.
Insgesamt ist der Ingenieursberuf einfach nicht mehr so attraktiv wie früher. Außerdem suchen auch andere Branchen gute Ingenieure und so ist die Konkurrenz sehr hoch. Hinzu kommt: Unternehmen, die Ingenieure beschäftigen, tun sehr viel, um diese auch zu halten. Die Wechselbereitschaft ist also sehr niedrig. Wir kümmern uns aber natürlich auch und versuchen sehr erfolgreich, die Fluktuationsrate so niedrig wie möglich zu halten.
Mal angenommen, Zeit und Geld würden keine Rolle spielen: Welches Bauprojekt würdest du gerne einmal umsetzen?
Über das Thema habe ich mich kürzlich noch mit einem Architekten unterhalten. Wir bauen aktuell ein architektonisch sehr anspruchsvolles Haus. Die grundlegende Planung hat einer der bekanntesten Architekten in Deutschland gemacht und dieses Haus ist durch die verwendeten Baumaterialien, die Lage und die Größe wirklich etwas Besonderes. Ich würde mir diese Art von Bauprojekt öfter wünschen – also architektonisch wirklich interessante Objekte, die sich abheben. Ein Bauprojekt, das ich auch sehr begeistert verfolgt habe, ist, dass sich die Handwerkskammer – also unsere Dachorganisation – in Bielefeld nun so gut aufgestellt hat. Das war wirklich sehr sinnvoll investiertes Geld und ich freue mich, dass das Handwerk in Bielefeld dadurch entsprechend gewürdigt wird.
Vom Handwerk mal abgesehen: Was ist deiner Meinung nach eine unterschätzte Qualität von Ostwestfalen?
Das ist wieder diese Bodenständigkeit, von der ich anfangs gesprochen habe. Das hebt Ostwestfalen von Hamburgern, Münchenern oder Kölnern ab. Wir haben dadurch eine sehr starke Familienunternehmerkultur. Genau diese Familienunternehmen sorgen dafür, dass Ostwestfalen-Lippe so eine starke Region ist.
Welche Änderungen würdest du in Bielefeld gerne durchsetzen, wenn du für einen Tag Oberbürgermeisterin wärst? Vielleicht wie Trump eine Mauer bauen?
Eine Mauer würde ich nicht bauen – aber Bauland freigeben. Bebaubare Flächen sind in der Region leider sehr selten. Als Oberbürgermeisterin würde ich mir eine Karte schnappen und überall dort Kreuzchen hinmachen, wo meiner Meinung nach gutes Bauland ist (lacht). Dabei geht es nicht darum, jede noch so kleine Lücke zu schließen. Aber in den Bielefelder Randgebieten ist definitiv noch Potenzial da, ohne welches das Stadtbild unter einem Bauboom leidet.